Hubert Bauer

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26.02.2016 Hubert - Jahrgang 1960 - hat drei Kinder, zwei Enkel und ist Gewerkschafter mit Herz und Seele

Jugendstreikaktion 2015

Hubert, du bist seit 1978 Mitglied in der IG Metall. Warum bist du Gewerkschaftsmitglied geworden? Wie war das damals?

Zuerst bin ich in die Deutsche Postgewerkschaft eingetreten, da ich eine Ausbildung der mittleren Beamtenlaufbahn absolvierte und zum Jugendvertreter gewählt wurde. Die Skandale bei der damaligen "Neuen Heimat" führten zu Skepsis in die Gewerkschaften. Doch der Personalratsvorsitzende Killian überzeugte mich: "Nur organisiert kannst Du im Berufsleben etwas erreichen. Wenn Du Gewerkschaftsarbeit verbessern willst, musst Du erst mal eintreten! Nur dann kannst Du mitreden." Dass es für Auszubildende besser werden muss, in Zeiten in denen es hieß "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" stand für mich außer Zweifel.

Ende 1979 begann ich eine zweite Ausbildung zum "Mechaniker" bei der Firma Stiefelmayer in der Esslinger Pliensauvorstadt und trat in die IG Metall über. Mit meinem gewerkschaftlichen Grundwissen wurde ich auch dort Jugendvertreter und konnte die Auszubildenden aller Lehrjahre zu 100 % für die IG Metall gewinnen.

Meinen Eintritt habe ich nie bereut und in Jahrzehnten viele wunderbare Menschen kennengelernt, spannende Erlebnisse gewonnen und enorm viel gelernt, was an keiner Schule vermittelt wird. Immer wieder begeistert mich, wie organisiertes Zusammenwirken Erfolge erzwingt trotz allen Gegenwinds.

20. Oktober 2010 Demo in Esslingen

In den vielen Jahren warst du immer aktiv. In welchen Ämtern/Funktionen setzt du dich zurzeit für die Interessen deiner Kolleginnen und Kollegen ein?

Bei Festo bin ich Sprecher der VK-Leitung. Dazu im örtlichen VK-Ausschuss und deren Leitung. Das ermöglicht, dass man bei bezirklichen Konferenzen immer wieder mitmachen kann. Freude macht insbesondere die Delegiertenarbeit in der Verwaltungsstelle, wo viele Kontakte in andere Betriebe entstehen. Das hilft voneinander zu lernen. Seit 22 Jahren bin ich im Betriebsrat bei Festo was die Möglichkeiten zu einer positiven Gewerkschaftsarbeit vergrößert.

Liegt dir eine deiner Funktionen ganz besonders am Herzen?

Am Wichtigsten ist mir die Vertrauensleutearbeit. Da hat man das Ohr immer auf der Schiene und ist nah an den Wünschen unserer Mitglieder.

Vor Plattenhardt

Was war denn bisher dein persönliches gewerkschaftliches Highlight?

Der gemeinsame Marsch über die B10 mit den Daimler-Kolleg*innen im Warnstreik 2004 zur IG Metall-Kundgebung. Da war lebendig fühlbar, welch enorme Kraft in der Arbeiterklasse (den angeblich "kleinen Leuten") steckt, wenn sie entschlossen für ihre Forderungen kämpft.

Welche Themen sollte die IG Metall deiner Meinung nach künftig angehen?

Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Der immense Produktivitätsfortschritt ging zuletzt weitgehend an den Belegschaften vorbei. In den 1980er Jahren konnte die IG Metall mit dem Kampf um die 35-Stunden-Woche Gesellschaftsgeschichte schreiben mit internationaler Ausstrahlung. Ohne das hätten wir heute Millionen Arbeitslose mehr. Daran gilt es wieder anzuknüpfen.

Natürlich interessiert uns auch, wie du deine Freizeit verbringst. Hast du neben deinem politischen Engagement Zeit für Hobbys?

Viel Freude macht mir das Kennenlernen der Situation von Menschen in anderen Ländern. Damit beschäftige ich mich über Reisen, Internet, Filme und Bücher. So war ich allein in den letzten 2 Jahren 4-mal in Irland, auf den Spuren des jahrhundertelangen Freiheitskampfs gegen englische Herrschaft. Aktuell bereite ich mich auf meinen 2. Aufenthalt in Nepal vor. Dort hat ein breiter Volksaufstand 2005 den letzten hinduistischen Gott-König gestürzt und seit September 2015 haben sie eine neue demokratische Verfassung.

Natürlich genieße ich Freizeit! Da fahre ich gern Motorrad und bin besonders glücklich wenn Berge um mich herum sind. Kino, Filme und Kabarett sind weitere Leidenschaften.

Schloßgeist in einer irischen Ruine

Welches Buch hast du als letztes gelesen?

Das letzte gelesene Buch war "Wie Berührung hilft" von Werner Bartens. Ein Buch das anregt, dass wir uns alle näher kommen. Es behandelt die Einheit von Geist und Körper.

Ratgeber und andere Sachbücher lese ich gerne. Mich interessieren neue wissenschaftlich fundierte Informationen sehr allseitig.

Allerdings gilt es in einer Welt überbordender Informationen den Sinn fürs Wesentliche, für das "Große und Ganze" zu schärfen. Deswegen begleiten mich meine Bücher von Karl Marx und Friedrich Engels als "Lieblinsautoren" seit langem. Ihre wissenschaftlich-dialektische Methode hilft heute, mehr denn Je, den gesellschaftlichen Überblick zu wahren.

Welcher Film hat dich in letzter Zeit beeindruckt?

"Die Schüler der Madame Anne". Eine wundervolle Hommage an Lehrer*innen, die sich die Liebe zur Jugend bewahrt haben. Und ein Film der dazu Hoffnungen in die Jugend stärkt, dass sie auch in Zukunft das Potential haben, die enormen gesellschaftlichen Aufgaben der Menschheit positiv zu lösen.

Am liebsten hörst du?

Jede Menge Musik querbeet. Von Konstantin Wecker bis zu Irish Rebell Folk, den französischen Stimmungsmachern "HK & the saltimbanks" bis zum Klassikkonzert des Baltmannsweiler Akkordeonorchesters. Wenn es sich einrichten lässt am liebsten live.

Verrätst du uns dein Lebensmotto?

An allem ist zu zweifeln! Auch an Lebensmottos und am Zweifel selbst!

Warnstreik 2015 bei Festo

Gibt es etwas, was du schon immer mal sagen wolltest?

Bevor ich in Rente gehe, würde ich gerne die Esslinger Verwaltungsstelle wenigstens einmal beim IG Metall-Gewerkschaftstag vertreten!

Und als Letztes: Wenn du im Lotto gewinnen würdest, was würdest du tun?

Aktuell möglichst viel spenden für eine fortschrittliche Flüchtlingspolitik! So helfe ich auch ohne Lotto beim Wiederaufbau Kobanes im Norden Syriens, der einzigen Region, in die derzeit Menschen zurück kehren. Mit deutschen Spenden und praktischer Mithilfe vor Ort entsteht gerade ein neues Gesundheitszentrum, um die rückkehrenden Flüchtlinge medizinisch zu betreuen.

Im kurdischen "Rojava" (zu deutsch Morgendämmerung) entwickelt sich ein neues Gesellschaftmodell der Demokratie und Freiheit. Ein Modell, das sich die Gleichberechtigung unter den unterschiedlichen Religionen, den verschiedenen Völkern, auch zwischen Mann und Frau und ein Leben im Einklang mit der Natur auf die Fahne geschrieben hat. Das wird leider in Deutschland viel zu wenig wahrgenommen und von der türkischen Regierung völkerrechtswidrig boykottiert.

Lieber Hubert, herzlichen Dank für deine interessanten Antworten!


Die Fragen stellte Heike Diesing.

Anhänge:

Hubert führt die Festo-KollegInnen bei der Demo am 20. Oktober 2010 an

Hubert führt die Festo-KollegInnen bei der Demo am 20. Oktober 2010 an

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Jugendstreikaktion 2015

Jugendstreikaktion 2015

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Warnstreik Festo 2015

Warnstreik Festo 2015

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Hubert vor Plattenhardt

Hubert vor Plattenhardt

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Hubert der Schloßgeist in einer irischen Burgruine

Hubert der Schloßgeist in einer irischen Burgruine

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Letzte Änderung: 23.02.2016