Textil
150 Jahre Textil-Arbeiterverband
Mit einem Festakt hat die IG Metall Esslingen das 150-jährige Bestehen des ersten Textil-Arbeiterverbands gefeiert. Vorab konnten die Gäste eine Führung durch die Ausstellung im Stadtmuseum Nürtingen machen.
Den Festakt in der Freien Kunstakademie Nürtingen eröffnete der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Esslingen Gerhard Wick mit einem kurzen Einblick in die Anfangszeiten der Gewerkschaftsbewegung. Schon zu Beginn der Industrialisierung hätten Arbeiterinnen und Arbeiter erkannt, dass sie alleine keine Chance haben, um sich gegen Arbeitgeber behaupten zu können. Sie erkannten schnell die "Kraft der Solidarität" und gründeten bereits 1869 die erste Textil-Gewerkschaft.
Nach einem Grußwort von Akademieleiterin Dr. Katrin Burtschell, startete Hauptredner Peter Donath, Vorstandssekretär Tarifpolitik in der ehemaligen Gewerkschaft Textil-Bekleidung (GTB), mit seinem Vortrag. Zu Beginn wies er auf die derzeitigen Missstände in der Textil-Industrie in Indien hin, wo auch heute noch oft mehr als 16 Stunden gearbeitet werden. Ähnlich schlimme Verhältnisse gab es auch hier vor Gründung der Gewerkschaften: es wurde elf bis zwölf Stunden am Tag an sechs Tagen in der Woche gearbeitet, es war schmutzig, nass und laut. Nach Gründung des Textil-Arbeiterverbands wurden erste Forderungen laut: Einführung eines Zehnstundentags, Verbot von Kinderarbeit und Wochenendruhe von 36 Stunden. Im sächsischen Crimmitschau kam es 1903 zu einem heftigen Arbeitskampf, der insgesamt über 22 Wochen ging. Spätestens dann war allen klar, "dass aus der Schwäche des Einzelnen die Stärke der Gemeinschaft werden muss, um dann wieder den Einzelnen zu schützen", so Donath. Im Laufe der Zeit wurde dann zuerst der Zehnstundentag, später dann der Achtstundentag gesetzlich eingeführt - auch aufgrund des großen Einsatzes der Textilgewerkschaften.
Eine große Errungenschaft des GTB sei ein an der Höhe des Mitgliedsbeitrags orientiertes Urlaubsgeld in einzelnen Tarifgebieten und Branchen gewesen. Dennoch sei durch den rapiden Rückgang der Textilindustrie ab den 1970er-Jahren die Zahl der Beschäftigten von 1,3 Millionen auf etwa 200.000 geschrumpft. Damit sei keine vernünftige Gewerkschaftsarbeit mehr möglich gewesen, man integrierte sich in die IG Metall. "Aus geborenen Textilern wurden gelernte Metaller", meinte Donath schmunzelnd.
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Letzte Änderung: 11.02.2019