Ende September war Jürgen Kerner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied und Hauptkassierer der IG Metall, zu Gast bei der IG Metall in Esslingen. Neben der Teilnahme an der Delegiertenversammlung der Esslinger Metaller stand am Nachmittag die Besichtigung der neuen Technologiefabrik der Firma Festo in Scharnhausen auf dem Programm.

Das 1925 gegründete Familienunternehmen ist weltweit führend in der Automatisierungstechnik und Weltmarktführer in der industriellen Aus- und Weiterbildung. Die jüngst offiziell eingeweihte Technologiefabrik in Scharnhausen hat dabei die Rolle des Leitwerks für die Produktion von Ventilen, Ventilinseln und Elektronik und dient gleichzeitig als Referenzfabrik für Kunden.

Bei der Führung durch die Fabrik erläuterte Betriebsrat Martin Brandl die verschiedenen Bereiche des Betriebs. Die Besucher konnten dabei einen Eindruck von der interessanten Architektur des Gebäudes sowie der Montage, der Fertigung und einigen Büros gewinnen. "Hier kann man eine konkrete Vorstellung davon erlangen, was Industrie 4.0 bedeutet und welche Entwicklungen bereits derzeit stattfinden", kommentierte Kerner den Besuch. Bemerkenswert sei außerdem, dass die Mitarbeiter in die Planung des neuen Gebäudes einbezogen wurden und auch die Arbeitszeit im Team besprochen wird, so dass jeder seine persönlichen Belange einbringen kann. "Dennoch müssen wir sowohl beim Thema Industrie 4.0 und vor allem auch in Bezug auf die Arbeitszeit darauf achten, dass der Mensch bei der rasanten Entwicklung nicht verloren geht", merkte das IG Metall-Vorstandsmitglied kritisch an.

Auch bei der Delegiertenversammlung der Esslinger Metaller, die abends in der Festhalle Denkendorf stattfand, ging Kerner auf das Thema "Digitalisierung/Industrie 4.0" ein. Seine Eingangsfrage lautete: "Findet der Veränderungsprozess auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer statt oder gelingt es uns, die Entwicklung so zu begleiten, dass vernünftige Tarifverträge, unbefristete Arbeitsverhältnisse und Mitarbeiterbeteiligung auch in Zukunft das Maß der Dinge sind?". Die IG Metall werde den Prozess konstruktiv kritisch begleiten und sei willens, die Arbeitsplätze der Zukunft so zu gestalten, dass "auch bei Industrie 4.0 am Schluss die Menschen am wichtigsten sind".

Die Themen Leiharbeit, Werkverträge, Rente und betriebliche Altersvorsorge sprach Kerner ebenfalls in seinem Vortrag an. Zur VW-Krise meinte er: "Das schiere Streben nach immer Mehr führt zu einem großen Verlierer: dem ganz normalen Arbeitnehmer." Aus seiner Sicht seien die Folgen der Krise bei VW noch nicht absehbar, aber in der Unternehmenskultur des weltgrößten Autobauers gäbe es in jedem Fall noch einigen Verbesserungsbedarf.

Mit der derzeitigen Flüchtlingssituation beschäftigte sich nicht nur der Finanzvorstand, sondern auch die Delegiertenversammlung der IG Metall Esslingen. Der IG-Metall-Vorstand stellt eine Million Euro für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung, die Hälfte davon für konkrete Hilfsprojekte vor Ort. "Es ist wichtig, mit den Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben zu reden und ihre Sorgen und Nöte ernst zu nehmen, um rechten Tendenzen zu begegnen. Aber wenn jemand Hass predigt, dann ist es unsere Aufgabe als Gewerkschafter, hier einen Riegel vorzuschieben", so Kerner.

---

Presseinformation