Oskar Schwarz seit 80 Jahren Mitglied

Oskar Schwarz freut sich über den Gratulanten Gerhard Wick, IG Metall-Chef von Esslingen

11.11.2014 "Da war kein Hitler bei uns"

Es war 1934 im Sudetenland, damals Tschechoslowakei, als Oskar Schwarz mit 14 Jahren seine Lehre als Maschinenschlosser in der Kettenfabrik begann. "Mein Vater sagte: Jetzt gehst Du in die Gewerkschaft. Und das tat ich."

Oskar Schwarz sitzt in seinem Wohnzimmer in Esslingen. 94 Jahre ist er alt und er lächelt, als er sich an seine Jugend erinnert. Im Deutschen Reich waren Gewerkschaften 1934 verboten. "Aber bei uns war da ja noch kein Hitler", erklärt Schwarz. Der kam 1938, da hatte Schwarz ausgelernt und bald darauf begann der Niedergang. "Es gab keine Arbeit bei uns, da haben uns die von der Maschinenfabrik Esslingen angeworben." Der junge Mann nahm das Angebot an und kam so 1939 nach Esslingen in die Maschinenfabrik. Nicht für lange. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und machte als Panzerfahrer den Krieg an der Ostfront mit. "Wir haben es geschafft, aus dem Kessel von Stalingrad zu kommen. Ein Glück. Das war alles furchtbar."

Schwarz überlebte den Rückzug, kam kurz in amerikanische Gefangenschaft und konnte im Herbst 1945 daheim in Esslingen seine Alwine Specht heiraten. "Wir hatten uns 1939 in der Maschinenfabrik kennen gelernt", erzählt Schwarz. "Eine gute Frau. Jetzt fehlt sie mir." Alwine starb bald nach dem 60. Hochzeitstag des Paares.

Nach dem Krieg ging es aufwärts. Oskar Schwarz konnte wieder in der Maschinenfabrik anfangen. "Da hatten wir einen tollen Betriebsratsvorsitzenden. Der hat auch dafür gesorgt, dass meine Gewerkschaftsmitgliedschaft ab 1934 anerkannt wurde." Außerdem sei der ein großartiger Redner gewesen. Beim Streik zum Beispiel. "Da sind wir nach Esslingen rein marschiert." Aus der Esslinger Maschinenfabrik wurde Daimler. "Da war ich, bis sie mich rausgeworfen haben, weil ich zu alt war." Mit 63 ging Oskar Schwarz in Rente, das Häuschen war gebaut, beide Söhne erwachsen. Heute lebt Sohn Jürgen in eigener Wohnung auch im Haus, kümmert sich um den Vater. Er hat ebenfalls bei Daimler gearbeitet. "Und natürlich bin ich auch IG Metall-Mitglied", sagt der 67-Jährige.

Oskar Schwarz sucht derweil seine Gewerkschaftspapiere. "Hier", er zeigt seinen Ausweis. "1934, da bin ich beim Internationalen Metallarbeiterbund eingetreten. Gibt´s den eigentlich noch?" Ja, aber eintreten könne man da nicht mehr, erklärt der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Esslingen Gerhard Wick, der Oskar Schwarz zur 80-jährigen Mitgliedschaft gratuliert. Mit Geschenkkorb und Blumen. Schwarz freut sich. "Was macht Ihr denn, wenn ich 85 Jahre Mitglied bin? Ich will ja schließlich noch eine Weile leben."

Letzte Änderung: 14.11.2014