IG Metall-Delegation besuchte Sachsen

11.10.2007 Anlässlich des hundertsten Todestages von Julius Motteler fuhr eine Delegation Esslinger Metaller/innen Anfang Oktober nach Leipzig und verband dies mit einem Besuch in Chemnitz.

Am Grab von Julius Motteler auf dem Leipziger Südfriedhof, wurde ein Kranz der IG Metall Esslingen niedergelegt.
Julius Motteler wurde 1838 in Esslingen geboren und war ein enger Vertrauter von August Bebel und Wilhelm Liebknecht. Wegen seiner maßgeblichen Rolle beim Vertrieb der während der Zeit der Sozialistengesetze verbotenen sozialdemokratischen Parteipresse erhielt er den Beinamen "Roter Feldpostmeister". Er war maßgeblich an der Gründung von Gewerkschaften in Deutschland sowie auch von Vorläuferparteien der SPD beteiligt.
Zum Gedenken an Julius Motteler wurde in Esslingen bereits in den achtziger Jahren die Straße nach ihm benannt, an der das Esslinger Gewerkschaftshaus liegt.

Vor dem Besuch an Mottelers Grab hatte sich die Delegation einen Tag in Chemnitz aufgehalten, der langjährigen Wirkungsstätte des heutigen Bevollmächtigten der IG Metall Esslingen, Sieghard Bender. Das dicht gedrängte Programm umfasste Betriebsbesichtigungen im Chemnitzer Siemens-Werk für Kombinationstechnik und bei der Firma UNION-Werkzeugmaschinenbau, eine Führung im Sächsischen Industriemuseum sowie einen Besuch bei der IG Metall Chemnitz.

Siemens entwickelt und fertigt in Chemnitz Schaltschränke und elektronische Baugruppen für den Werkzeugmaschinenbau, auch für Firmen aus dem Kreis Esslingen, wie Heller und Index. Das Werk für Kombinationstechnik gehörte zu DDR-Zeiten zum VEB Numerik und versorgte den gesamten RGW-Raum mit numerischen Steuerungen. In seinen besten Zeiten waren rund 2.500 Menschen beschäftigt. Heute hat das Werk ca. 850 Beschäftigte. Besonders stolz zeigte sich der Werkleiter, Dr. Nils Krömer, über die Ausbildung, die schon mehrfach ausgezeichnet wurde.

Die UNION Werkzeugmaschinenbau GmbH stellt Bohrwerke her. Sie wurde 1852 gegründet und ist damit der älteste noch bestehende Werkzeugmaschinenbauer der Welt. Derzeit sind rund 170 Personen dort beschäftigt, darunter auch 14 Auszubildende. Zu DDR-Zeiten hatte die "Union" über 3.000 Beschäftigte. 1996 drohte die "Union" im Strudel des Konkursverfahrens ihrer damaligen Konzernmutter, der "Bremer Vulkan", mit unterzugehen. Unterstützt von der IG Metall wurde der Betrieb von der Belegschaft besetzt und ein Konzept zur Weiterführung des Betriebs entwickelt. Nach erfolgloser Investorensuche entschieden sich letztlich 100 Beschäftigte für einen ungewöhnlichen Weg: Sie übernahmen die Firma und führten sie in Eigenregie weiter. Auch heute noch ist die große Mehrheit der Beschäftigten Mitgesellschafter und bestimmt über einen Beirat die Unternehmensentscheidungen mit. Mitarbeiter, die aus dem Unternehmen ausscheiden, müssen ihren Anteil zurückgeben und bekommen das Geld ausbezahlt. Der Wert der Firma und damit auch der Wert der Gesellschafteranteile ist seit der Übernahme durch die Mitarbeiter stark gestiegen.

Während die Beispiele Siemens und "Union" zeigten, wie leistungsfähig Betriebe in Ostdeutschland heute sind, so war der Gesamteindruck der Esslinger Delegation doch stark geprägt von den vielen Industriebrachen und Fabrikruinen, die es in Chemnitz gibt. Gegenüber rund 80.000 Arbeitsplätzen in der Metall- und Elektroindustrie zur Zeit der Wiedervereinigung gibt es heute nur noch 25.000. Neben der hohen Arbeitslosenquote von 13,5 % ist auch die Alterstruktur ein zentrales Problem. Vor allem Menschen mittleren Alters fehlen in den Betrieben, da diese im Westen eine Arbeit gesucht haben.

Letzte Änderung: 21.11.2007