Pressemitteilung

Menschen mit Behinderung - andersgleich und gleichberechtigt

02.12.2020 Inklusion für Menschen mit Behinderung ist unzureichend

  • Viele Unternehmen erfüllen die Schwerbehindertenquote nicht
  • Ausgleichsabgabe muss erhöht werden
  • Verstöße müssen konsequent geahndet werden

"Wir brauchen mehr Inklusion in der Arbeitswelt. Das ist umso wichtiger, da mit der ökologischen und digitalen Transformation und der Corona-Krise der Druck auf Arbeitsplätze steigen wird", sagt Andreas Streitberger, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Esslingen aus Anlass des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember. Dieser Tag wurde von den Vereinten Nationen 1993 als Gedenk- und Aktionstag ins Leben gerufen um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen wachzuhalten.

Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten zu besetzen. Bundesweit liegt diese Quote im Schnitt aber nur bei 4,6 Prozent. Bei den Unternehmen in der Privatwirtschaft beträgt sie sogar nur 4,1 Prozent, bei öffentlichen Arbeitgebern 6,5 Prozent. Als schwerbehindert gilt, wer mindestens einen Grad der Behinderung von 50 erreicht.

Schlechter als bundesweit stellt sich die Situation im Landkreis Esslingen dar. Laut letzter Statistik der Arbeitsagentur aus dem Jahr 2018 sind lediglich rd. 3,4 Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt. Bei privaten Unternehmen sind es 3,1 Prozent, bei öffentlichen Arbeitgebern 5,8 Prozent. In absoluten Zahlen bleiben allein im Landkreis Esslingen rund 2800 Pflichtarbeitsplätze für Schwerbehinderte unbesetzt.

Erfüllen Arbeitgeber die Quote von 5 Prozent nicht, müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen, die zwischen 125 und 320 Euro im Monat beträgt. "Viele Arbeitgeber zahlen lieber die Ausgleichsabgabe anstatt Schwerbehinderte zu beschäftigen. Jedes vierte beschäftigungspflichtige Unternehmen beschäftigt überhaupt keine Schwerbehinderten. Das ist inakzeptabel. Für diese Totalverweigerer muss die Ausgleichsabgabe deutlich erhöht werden und sollte mindestens 750 Euro betragen", fordert Streitberger.

Eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Inklusion und barrierefreier Arbeit haben die Schwerbehindertenvertretungen (SBV) in den Betrieben. Sie setzen sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen ihre Fähigkeiten ausschöpfen und entwickeln können und auf Dauer gesund und arbeitsfähig bleiben. Andreas Streitberger kritisiert, dass Verstöße gegen die Beschäftigungspflicht kaum geahndet werden. "Die Bundesagentur für Arbeit als zuständige Behörde kontrolliert hier leider viel zu selten. Dementsprechend werden auch kaum Bußgelder verhängt. Durch die konsequente Anwendung des heute schon geltenden Rechts könnte die Inklusion in der Arbeitswelt bereits deutlich verbessert werden".

Die Zahlung der Ausgleichsabgabe entbindet Arbeitgeber grundsätzlich nicht von der Beschäftigungspflicht. Vielmehr stellt der vorsätzliche und fahrlässige Verstoß gegen die Beschäftigungspflicht eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

Insgesamt 7,8 Millionen Menschen in Deutschland sind anerkannt schwerbehindert, knapp eine Million stehen mitten im Arbeitsleben. Nur drei Prozent der Behinderungen sind angeboren, die meisten werden durch Unfälle, Krankheiten oder Verschleiß verursacht, bzw. erworben. Treffen kann es Jede/n.

Letzte Änderung: 02.12.2020