Abfindungen für Mitglieder zulässig
Im konkreten Fall war per Tarif-Sozialplan eine Transfergesellschaft eingerichtet worden, der betriebliche Interessenausgleich nimmt nur auf diesen Bezug. Gesondert hiervon wurde ein Tarifvertrag abgeschlossen, der ausschließlich für solche Mitglieder der IG Metall, die vor einem Stichtag eingetreten sind, eine zusätzliche Abfindung von 10.000 EUR und 10% mehr Geld in der Transfergesellschaft vorsieht.
Differenzierungsklauseln, die die Gewerkschaftsmitgliedschaft ausdrücklich zur Anspruchsgrundlage machen (z. B. "Beschäftigte, die Mitglied der IG Metall sind, haben Anspruch auf...") dienen dazu, zusätzliche Leistungen für Mitglieder zu regeln, auf die Nichtmitglieder keinen Anspruch haben, auch nicht durch eine individualarbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel. 1967 hielt das BAG diese Zielsetzung noch für sozial inadäquat und daher für unwirksam. 2009 hat das BAG dann die sog. "einfache Differenzierungsklausel" für zulässig erklärt, die, wie oben beschrieben, Ansprüche von der Mitgliedschaft abhängig macht. Später wurde zugelassen, dass auch die stichtagsbezogene Mitgliedschaft Anspruchsvoraussetzung sein kann. Eine sogenannte "qualifizierte Differenzierungsklausel" in Form einer Abstandsklausel, die den Arbeitgeber daran hindern soll, die Vorteilsleistungen dennoch freiwillig an Nichtmitglieder zu zahlen, wird dagegen vom BAG als unzulässig angesehen.
In seiner jüngsten Entscheidung zu diesem Thema (4 AZR 796/13) hat das BAG nunmehr klargestellt, dass auch im Zusammenhang mit Tarif-Sozialplänen die Tarifparteien, anders als die Betriebsparteien, nach stichtagsbezogener Mitgliedschaft differenzieren dürfen. Diese Unterscheidung stellt eine zulässige "Binnendifferenzierung" zwischen verschiedenen Gewerkschaftsmitgliedern dar, für Nichtmitglieder ergeben sich hierdurch keine Nachteile.
Im Rahmen eines Tarif-Sozialplans ist es außerdem zulässig, für Mitglieder höhere Abfindungsansprüche vorzusehen: Den Tarifvertragsparteien kommt bei der Bestimmung des Umfangs von Ausgleichs- und Überbrückungsleistungen anlässlich einer Teilbetriebsstilllegung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, so das BAG in seiner Pressemitteilung. Der Gestaltungsspielraum ist damit weiter als der der Betriebsparteien, die zudem nicht nach Gewerkschaftsmitgliedschaft differenzieren dürfen. Die oben dargestellten zusätzlichen Leistungen für Gewerkschaftsmitglieder wurden somit nicht beanstandet.
Grundsätzlich ist es Ziel der IG Metall mit einem Mitgliederbonus auch für den zukünftigen Eintritt als Mitglied zu werben. In der Situation einer Betriebsstillegung kommt es jedoch darauf an, das Volumen der Abfindungszahlungen kalkulieren zu können, um dieses gerade für langjährige Mitglieder signifikant zu erhöhen. Zwar gelten Tarifverträge grundsätzlich für alle Mitglieder, das BAG hat aber klargestellt, dass die Tarifparteien innerhalb des Geltungsbereiches des Tarifvertrages bei der Verteilung des ausgehandelten Tarifvolumens differenzieren dürfen.
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Letzte Änderung: 19.05.2015