Union Busting in Deutschland

Otto Brenner Stiftung

08.09.2014 Gibt's nicht? Doch. Die Otto Brenner-Stiftung stellt im Rahmen einer Studie das Gegenteil fest.

Der systematische und professionell aufgezogene Kampf gegen die Interessenvertretung hat längst seinen Weg über den Atlantik nach Deutschland gefunden.

Professionelle Gewerkschaftsabwehr ...

In den USA gehört die professionell betriebene Abwehr von Gewerkschaften und Betriebsräten schon seit Jahren als fester Bestandteil zur Wirtschaftswelt. Auf diese Thematik spezialisierte Dienstleister, meist Juristen, werben dort unverhohlen damit, Unternehmen und Betrieben eine "gewerkschaftsfreie Umgebung" zu schaffen. "How to Maintain a Successful Union-Free Workplace" heißt es über entsprechenden Angeboten, "Use our decades of knowledge to help you maintain your companys union-free environment" oder einfach "8 Steps to Keep Your Workplace Union-Free".

... legt auch in Deutschland zu

Aus Europa und vor allem Deutschland beobachtete man diese Praxis lange mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Bedauern, Kontakt mit dem Phänomen ergab sich höchstens gelegentlich in US-Standorten deutscher Unternehmen. Die Otto Brenner-Stiftung allerdings hat untersucht, was es mit zunehmenden Anzeichen für die Ausbreitung auch in Deutschland auf sich hat und festgestellt: "Trotz der starken rechtlichen Stellung und hohen gesellschaftlichen Akzeptanz betrieblicher Interessenvertretungen deutet einiges darauf hin, dass in den letzten Jahren auch in Deutschland Teile der Arbeitgeberschaft zunehmend ähnliche Methoden anwenden."

Betroffen sind vorrangig bestimmte Branchen, beispielsweise Lebensmittelhandel, Logistik, Internet-Vertrieb, Gastronomie und insbesondere Fastfood, aber zunehmend auch als "solide" geltende Unternehmen und Betriebe - auch im Zuständigkeitsbereich der IG Metall. Dabei kommt eine Palette von Instrumenten zum Einsatz, um die Einrichtung und Aktivität gewerkschaftlicher Betriebsräte zu ver- oder behindern, unter anderem Anwälte, PR-Agenturen und selbst Privatdetektive zur Überwachung unliebsamer Beschäftigter. Die Akteure versuchen Betriebsratswahlen zu verhindern oder zu beeinflussen, Betriebsräten oder Kandidaten einzuschüchtern, kritische Pressestimmen zu unterdrücken oder, wenn sonst nichts mehr hilft, auch Betriebsräte mit Vorteilen auf eine arbeitgeberfreundliche Linie zu bringen.

Natürlich hören Arbeitgeber- und Industrieverbände entsprechende Berichte eher ungern und verweisen gegebenfalls darauf, dass solche Praktiken durch deutsche Gesetze unterbunden werden. Die Studie allerdings weckt daran starke Zweifel; sie spricht von "Rechtsnihilismus" der Akteure und stellt unter anderem lapidar fest: "Die nach dem Betriebsverfassungsgesetz geltende Strafbarkeit von Betriebsratsverhinderung und -behinderung ist vermutlich eine der am seltensten durchgesetzten rechtlichen Sanktionen überhaupt."

Ausführliche Informationen findet man auf den Seiten der Otto Brenner-Stiftung. Dort kann man auch kostenlos die vollständige Studie als PDF herunterladen oder gedruckt bestellen.

Letzte Änderung: 04.09.2014