10 Jahre BEM - Licht und Schatten

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22.07.2014 Arbeitnehmer nach längeren Krankheitsphasen wieder in das Berufsleben zurückführen - die­ses Ziel verfolgt seit genau zehn Jahren das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).

Nicht jede Erkrankung - ganz gleich, ob körperlicher oder seelischer Art - ist nach einigen Tagen auskuriert. Sind Beschäftigte über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig, will der Wiedereinstieg in das Berufsleben gut geplant und vorbereitet werden. Zudem ist eine Rückführung an den alten Arbeitsplatz in vielen Fällen gar nicht mehr möglich, eine Alternative wird benötigt. Genau hier setzt BEM seit 2004 an.

Arbeitgeber ist verantwortlich

Die Durchführung des BEM liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers. Der Prozess muss angestoßen werden, wenn ein Mitarbeiter in einem Zeitraum von zwölf Monaten länger als sechs Wochen lang- bzw. kurzfristig erkrankt war. Dabei sollen die Interessenvertretung sowie bei schwerbehinderten Menschen die Schwerbehindertenvertretung einbezogen werden.
Eine weitere wesentliche Voraussetzung: BEM ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer zugestimmt hat.
In der Praxis zeigt sich: Jeder BEM-Fall ist anders. "Das Ziel lautet stets, mit allen Beteiligten individuelle Maßnahmen zu definieren, die dem Arbeitnehmer die Rückkehr in den Beruf ermöglichen, von der Rehabilitation bis zum Arbeitsumfeld und der Arbeitsorganisation. Wichtig ist es dafür zunächst, ein enges Vertrauensverhältnis zu schaffen", schildert Jürgen Merkle, Schwerbehindertenvertreter bei Gebr. Heller in Nürtingen und Leiter des Schwerbehindertenarbeitskreises der IG Metall Esslingen. Die Vorteile für den Arbeitgeber liegen dabei auf der Hand: Eingesparte Mittel für Überbrückung, Neueinstellung und Einarbeitung zählen ebenso dazu wie die Gewissheit, vorhandenes Betriebswissen und Know-how nicht zu verlieren.

Studie zeigt Wirkung auf

Wie sich diese Vorteile in der Unternehmenspraxis widerspiegeln, belegt eine Studie der Universität zu Köln aus dem Jahr 2008. Laut der Erhebung wurde jeder zweite Betroffene durch BEM-Maßnahmen wieder erfolgreich eingegliedert - je größer der Betrieb, desto größer auch die Erfolgsquote. Zudem weist die Studie weitere Wirkungen aus: eine Reduzierung des Krankenstandes (laut 36 Prozent der Befragten), ein besseres Arbeitsklima (32 Prozent), ein höheres Engagement der Beschäftigten (30 Prozent).

Auch Jürgen Merkle berichtet von Erfolgsgeschichten, die ohne BEM womöglich nicht so positiv verlaufen wären. "Eine erfolgreiche Wiedereingliederung ist für alle klasse. Sie zeigt, dass das Unternehmen hinter den Kolleginnen und Kollegen steht."

Defizite in kleinen Betrieben

Wie steht es zehn Jahre nach dem Beschluss des Gesetzgebers um die flächendeckende Durchsetzung? Konzerne und Großunternehmen haben als Vorreiter BEM sehr frühzeitig adaptiert - der Mittelstand und erst recht Kleinbetriebe folgen erst allmählich. Nach der Befragung der Kölner Wissenschaftler hinken mittelgroße Unternehmen (38 Prozent Einführungsquote) und Kleinbetriebe (nur 28 Prozent) deutlich hinterher. "Wenn die Hoffnungen, die von der Bundesregierung in das Betriebliche Eingliederungsmanagement gesetzt werden, erfüllt werden sollen, bedarf es weiterer intensiver Bemühungen der Politik, der Sozialleistungsträger und der Unternehmen um eine weitere Verbreitung, Akzeptanz und qualitativ hochwertige Umsetzung", kommentieren Gudrun Vater und Prof. Dr. Mathilde Niehaus, Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation an der Universität zu Köln, in einem Fachaufsatz.

Letzte Änderung: 11.07.2014