Industriepolitik - wo bleibt sie?

Vorschaubild

24.02.2012 Presseinformation vom 24. Februar 2012

Die Baumaschinenbranche in Deutschland hat ca. 50.000 Arbeitsplätze, davon 20.000 in Baden-Württemberg. Sie ist eine Perle im Maschinenbau. Der Bedarf und die Chancen sind gut. Die Menschheit wächst in den nächsten 30 Jahren um 2 Mrd.

Mit dem Verkauf von Putzmeister an den größten chinesischen Baumaschinenkonzern Sany (70.000 Beschäftigte, letztes Jahr 1,6 Mrd. Gewinn) wird exemplarisch die Strategie der chinesischen Industriepolitik deutlich. Als der Betonpumpenbauer CIFA in Italien insolvent war, hat ihn der zweitgrößte Baumaschinenkonzern Zoomlion übernommen.

Es gab in den letzten Jahren immer mal die Übernahme von angeschlagenen Betrieben des Maschinenbaus durch chinesische Investoren, z.B. die EMAG in Salach zu 50 %, nachdem es Probleme mit den hiesigen Banken gab, es gab/gibt Interesse an der MAG-Gruppe, an Traub, an Metabo. Waldrich in Coburg wurde bei einer Firmenkrise übernommen, AEG-Elektrowerkzeuge von TCI usw.

Mit Putzmeister wurde ein kerngesundes, durchsaniertes Unternehmen - ein sogenannter Hidden Champion - zu 100 % übernommen, d.h. in Zukunft fallen die Entscheidungen in China.

Putzmeister hat ein hervorragendes Vertriebs- und Servicenetz. Außerhalb des chinesischen Marktes ist Putzmeister im Bereich Betonpumpen Weltmarktführer. Im Bereich Mörtelmaschinen ist Putzmeister die Nr. 1 in Europa. Die Sparte Industriepumpen zur Entsorgung von Abfallschlämmen u.Ä. wächst. Die Firma Herrenknecht macht die Tunnelbohrer und das Ausspritzen danach wird technisch von Putzmeister gelöst.

Die Betonmischer wurden bisher von Liebherr bezogen. Fast alles, was Liebherr im Baumaschinenprogramm hat, bietet auch Sany an. Ebenso hat Sany jetzt ein Tunnelbohrgerät - wahrscheinlich wie so vieles abgekupfert. Sany hatte mit politischer Begleitung von Ministerpräsident Rüttgers und Kanzlerin Merkel einen Vertrag für eine Baumaschinenfabrik in Köln abgeschlossen. Deshalb wurde versucht, qualifizierte Arbeitskräfte aus den deutschen Baumaschinenbetrieben abzuwerben.

Bisher war der Erfolg dieses Betriebes gering. Es gibt in den entwickelten Märkten kaum Bereitschaft, chinesische Maschinen zu kaufen. Made in Germany hat immer noch einen guten Ruf.

Mit Putzmeister bekommt Sany nun den Marktzutritt über das Service- und Vertriebsnetz und den guten Ruf von Putzmeister. Damit könnte z.B. Sany einen Angriff auf Liebherr und Herrenknecht starten. Allein bei Liebherr sind es ca. 6.500 Arbeitsplätze. Auch andere Baumaschinenbetriebe könnten betroffen sein.

Als durch die Politik in England und USA (Thatcher und Reagan), fast ausschließlich auf Dienstleistung, vor allem Finanzmärkte zu setzen, der dortige Werkzeugmaschinenbau kaputt ging, sind die Japaner in diese Bresche eingedrungen (zum Teil auch die Deutschen und Italiener). Ihre Industriepolitik wurde strategisch vom japanischen Ministerium für Internationalen Handel und Industrie gestaltet. Auch jetzt in den letzten Jahren der Krise haben die japanischen Maschinenbauer das notwendige Geld für 1 % Zins bekommen. Eine Folge ist der Deal Mori Seiki mit DMG (Deckel, Maho, Gildemeister).

Viele Massenkonsumgüter werden bereits für die Welt in China produziert. Davon profitiert bisher unser Werkzeugmaschinen- und Anlagenbau. Dieses Geschäft wollen die Chinesen logischerweise selber machen.

Durch die Berichterstattung zum Putzmeisterverkauf und der Aktion der IG Metall interessieren sich Politiker von der CDU und SPD, die anderen Landtagsfraktionen nicht, für mögliche Folgen.

Für die IG Metall Esslingen gibt es zwei Handlungsebenen:

1. Für die Belegschaft bei Putzmeister eine Standort- und Beschäftigungsgarantie zu vereinbaren und eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Verkauferlös, der durch die Sanierungsanstrengungen der Belegschaft in der Krise erst möglich wurde.
2. Wir brauchen eine aktive Industriepolitik in Baden Württemberg. Basis unseres Wohlstandes ist die Industrie. Um auch in Zukunft neue sinnvolle Produkte entwickeln und produzieren zu können, müssen die Entscheidungen im Ländle und nicht in China getroffen werden.

Sieghard Bender
1. Bevollmächtigter
IG Metall Esslingen

Anhang:

Pressemitteilung als pdf.Datei

Pressemitteilung als pdf.Datei

Dateityp: PDF document, version 1.5

Dateigröße: 17.99KB

Download

Letzte Änderung: 24.02.2012