Andreas Mulansky

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28.10.2016 Jahrgang 1958 - seit über 30 Jahren glücklich verheiratet - drei erwachsene Kinder (Jungs)

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Andreas, wir freuen uns, dass du uns etwas über dich erzählen möchtest ...

Ich hatte nicht das Glück, wohlbehütet in irgendeiner Familie groß zu werden. Meine Eltern lebten zwar noch, aber bei denen habe ich nie gelebt. Von Anfang an war mein Leben auf durchboxen programmiert, hat auch gut geklappt.

Meine Berufslaufbahn begann 1972 in verschiedenen Betrieben. Es war eine Zeit, da gab es noch wöchentlich Zahltag. Ich war viel unterwegs und es gab auch keine Arbeit, die ich nicht gemacht habe. Ich habe mich damals schon immer für Schwächere eingesetzt.

1984 kam ich nach Leinfelden, habe mich beim Bosch beworben und wurde auch eingestellt.

Du bist seit 1984 Mitglied in der IG Metall. Was hat dich bewogen, in die Gewerkschaft einzutreten? Wie war das damals?

Damals wurden wir nach unseren Vorstellungsgesprächen vom Personalchef freundlichst darauf hingewiesen, dass noch ein Gespräch beim Betriebsrat ansteht, damit auch alles seine Richtigkeit hat und der Einstellung nichts im Wege steht.

Beim Betriebsrat hat man mir erzählt, für was sie alles zuständig sind und wie es in diesen Betrieb zugeht. Ganz nebenbei wurde auch über die Gewerkschaft geredet, wobei man mir in diesem Gespräch nebenher ein Beitrittsformular reichte.

In dem Gespräch konnte man zwischen den Zeilen hören: "Wenn du nicht in die IG Metall eintrittst, unterschreibt der Betriebsrat die Einwilligung zur Einstellung nicht".
Da ich eigentlich nicht vor hatte, länger als sechs Monate im Betrieb zu bleiben, bin ich eben in die IG Metall eingetreten; nicht aus Überzeugung, sondern aus Sicherheitsgründen.

Wenn ich aber heute darüber nachdenke, war das der einzig richtige Weg, um die Kollegen nicht zu überzeugen oder zu begeistern, sondern die Kollegen vor möglichen Ungereimtheiten von Seiten der Firma zu warnen. Es wäre schön, wenn es heute wieder so laufen würde, denn ich habe das Gefühl, die Kollegen warten nur darauf, dass sie nicht an die Hand genommen, sondern für die ersten Monate im Betrieb von kompetenter Seite begleitet würden.

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Seit Jahren bist du gewerkschaftlich aktiv. In welcher Funktion und aus welchem Grund engagierst du dich?

Zwar mit kurzer Unterbrechung, aber seit vielen Jahren bin ich Vertrauensmann im Betrieb. Zur Zeit bin ich Vorsitzender des Vertrauenskörpers, Ersatz-Betriebsrat, Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung und Stellvertreter in der Delegiertenversammlung der IG Metall Esslingen.

Gelebte Solidarität war von Anfang an für mich wichtig.
Ungerechtigkeiten regen mich immer wieder auf;
unter anderem auch, wenn - wie es manchmal vorkommt - sich ein Vorgesetzter an vermeintlich schwachen Mitarbeitern beweisen will.

Was war denn bisher dein persönliches gewerkschaftliches Highlight?

Der Kampf um 150 Arbeitsplätze bei Bosch in Leinfelden im Februar 2004. Wir wurden damals von 8.500 bundesweit mit 90 Bussen angereisten Boschlern zur Betriebsversammlung in die Filderhalle begleitet.
Die Autobahn Abfahrt Möhringen war zu und im ganzen Ort gab es Stillstand. Diese Solidarität, die wir von überall her erfahren durften, hatte mir letztendlich gezeigt, was Solidarität bedeutet und was sie bewirken kann.
Die 150 Arbeitsplätze wurden - zumindest für eine gewisse Zeit - gerettet.

Ein weiteres Highlight war für mich der Kampf um die 35-Stunden-Woche.

Und dann auch noch der Erfolg im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise 2009. Die IG Metall Esslingen hat seinerzeit Arbeitsplätze durch Arbeitszeit-Reduzierung gesichert.

Delegiertenversammlung 2014

Welche Themen sollte die IG Metall deiner Meinung nach künftig angehen?

Eigentlich ist die IG Metall bereits in allen Themenbereichen präsent.

Sie sollte sich weiterhin in alles einmischen wie bisher, aber vielleicht die ehrenamtlichen Kollegen mehr einbinden.

Und sie sollte noch mehr Werbung für ihre Leistungen machen, die sie erbringt. Zum Beispiel sage ich den Kollegen immer, dass sie trotz des monatlichen Beitrags sparen, denn sie bekommen ja auch was dafür wie die Freizeit-Unfallversicherung und Streikunterstützung. Darüber hinaus gibt es Vorteile bei Einkäufen, Vorteilskonditionen bei Versicherungen oder bei den DGB-Reisen und dem Automobilclub ACE.

Ohne IG Metall-Beiträge hast du zwar monatlich gespart, aber du hast dieses Geld nicht, weil du es nicht zurückgelegt hast, sondern ausgegeben. Aber auf die nächste Lohnerhöhung möchtest du bestimmt auch nicht verzichten.

Sommerfest der IG Metall 2015

Andreas, verrätst du uns, was du in deiner Freizeit unternimmst, ob du ein Hobby hast?

Ich gehe gerne Campen oder bin auch beim Angeln, wenn es mir die Zeit erlaubt. Gartenarbeit ist auch was Schönes.
Eben alles was mich zur Ruhe bringt.

Lesen ist ja auch ein Mittel zur Ruhefindung. Welche Bücher hast du als letztes gelesen?

Der Psychater von John Katzenbacher, Bahnhofsmission von Michael Krug über Stuttgart 21 und Deutschland schafft sich ab von Thilo Sarrazin.

Und am liebsten hörst du ...

Oldies ab den 1960er Jahren ... alle Musikrichtungen.

Andreas, hast du ein Lebensmotto?

Mehrere ...

  • "Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren"
  • "Wenn du nichts tust, bekommst du nichts"
  • Und von Sieghard Bender das Motto "Wer nicht aufrecht geht, sieht die Sterne nur in der Pfütze"
Andreas sieht man oft mit der Vertrauensleute-Weste

Gibt es etwas, was du schon immer mal sagen wolltest?

  • Nichts wurde uns geschenkt. Was wir haben, musste lange von unseren älteren Kollegen hart erkämpft werden. Also gebt das nicht wieder einfach her. Gelebte Solidarität ist eine Tugend, die wir eigentlich alle in uns haben sollten.
  • Der spürbare Rechtsruck in Deutschland und in Europa machen mir Angst. Dagegen sollen und müssen die Gewerkschaften gerade in den Betrieben und Verwaltungen deutliche Zeichen setzen. Gewerkschafter dürfen nicht passiv zuschauen, wenn Nationalismus wieder aufkommt. Gerade mit dem Hintergrund, dass am 2. Mai 1933 der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt wurde.
  • Gewerkschaften sollten sich deutlich mehr, auch außerhalb des Betriebes, für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzen. Die Sozialpolitik wurde in früheren Jahren oft von Gewerkschaftern mit geprägt. Da müssen wir wieder zurück, dies fehlt heute.
  • Unsere vernetzte Gesellschaft bringt Menschen Zeitprobleme. Durch ihre ständige Erreichbarkeit (Smartphones und Homeoffice) gibt es keine Grenze mehr zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Permanente Erreichbarkeit führt dazu, dass die meisten am späten Abend ihre Firmen-E-Mails lesen und beantworten, sogar noch am Wochenende oder im Urlaub am Strand. Die Betriebsräte haben keine Kontrolle mehr über die Arbeitszeiten. Das wird für immer mehr zu einem Krankheitsfaktor - gerade im Angestelltenbereich. Hier werden in nächster Zeit die Kollegen regelrecht ausgebeutet - durch die Vertrauensarbeitszeit. Doch hier sind leider viele der Meinung, dass man keine Gewerkschaft mehr braucht. Ein paar sagen Gewerkschaft ist notwendig, aber eintreten wollen sie nicht. Andererseits wollen diese Beschäftigten aber alles genießen, was eigentlich von Mitgliedern nur für Mitglieder erkämpft wurde. Aber anscheinend wissen diese Beschäftigten nicht, was da alles für sie wegfallen würde, wenn die Chefs auf den Gedanken kämen, Tarifverträge nur noch für Mitglieder anzuwenden. In diesem Punkt müssen wir mehr Bewusstsein in der Belegschaft schaffen.

Und als Letztes: Wenn du im Lotto gewinnen würdest, was würdest du tun?

Kann ich so spontan nicht sagen ... Freuen würde ich mich schon, aber ist Geld alles im Leben? Es beruhigt, das ist aber auch alles.

Lieber Andreas, herzlichen Dank für deine interessanten Antworten!


Die Fragen stellte Heike Diesing.

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Andreas

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Delegiertenversammlung Juni 2015

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Andreas im Kreis des Schwerbehinderten-Arbeitskreises

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Sommerfest der IG Metall Esslingen 2015

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Andreas sieht man häufig in seiner VL-Weste

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Bosch-KollegInnen demonstrierten 2015 auf der Schillerhöhe

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Delegiertenversammlung Juni 2015

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Letzte Änderung: 28.10.2016