IG Metall diskutiert mit SPD-Chef Platzeck

16.03.2006 Zum 2. Industriepolitischen Forum am 16. März hatte die IG Metall Esslingen den SPD-Vorsitzenden und brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck eingeladen.

Vor rund 150 Betriebsräten und Gästen aus dem öffentlichen Leben, sprach sich Platzeck klar für die Einführung von Mindestlöhnen, den Erhalt der Tarifautonomie und die Einführung einer sogenannten Reichensteuer aus.

Sieghard Bender, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen, griff in seiner Begrüßung auf August Bebel zurück, der 1869 als damaliger Vorsitzender der deutschen Sozialdemokratie in einer Rede in Esslingen zum Kampf für die Verkürzung der Arbeitszeit und gegen die Erhöhung von indirekten Steuern aufrief. "Heute dagegen trägt die SPD die Mehrwertsteuererhöhung mit." Bender kritisierte außerdem den Ausbildungspakt und forderte zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit Alternativen zu den gebetsmühlenartig wiederholten neoliberalen Verzichtsforderungen.

Platzeck räumte ein, dass es SPD und Gewerkschaften nicht leicht miteinander hätten, betonte aber, dass die Zusammenarbeit dringend notwendig ist, um die Globalisierung sozial zu gestalten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Liberalisierung so weit getrieben wird, bis uns die Gesellschaft um die Ohren fliegt. Auch für die Wirt-schaft braucht es Regeln. Dafür brauchen wir starke Gewerkschaften", so Platzeck. Für ihn persönlich, der auch selbst Gewerkschaftsmitglied ist, sei die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auch eine Herzenssache.

Konkret sprach sich Platzeck für die Einführung von Mindestlöhnen aus. "Löhne dürfen nicht ins Bodenlose fallen." Die SPD hat deshalb eine Initiative mit anderen sozialdemokratischen Parteien Mittel- und Osteuropas gestartet, um hierzu eine gemeinsame Position zu entwickeln. Zur Sicherung von Arbeitsplätzen hat das Thema Bildung und Qualifizierung eine entscheidende Bedeutung für die SPD. "Statt auf Billiglohn-Arbeitsplätze zu setzen, müssen wir mehr in die Qualifizierung von Arbeitnehmern investieren", so Platzeck.
Zum Thema Tarifautonomie stellte Platzeck klar, dass diese für die SPD unverzichtbar ist und sie hier auch keine Änderungen am Koalitionsvertrag mitmachen wird.
Deutliche Worte fand Platzeck auch zum Thema "Reichensteuer": "Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat mit soliden Haushalten. Deshalb ist die sogenannte Reichensteuer notwendig - und sie wird auch kommen!"

In der anschließenden Diskussion forderte Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, die SPD auf, sich nicht von der CDU/CSU links überholen zu lassen. "Wirtschaftsminister Glos hat Recht, wenn er fordert, dass die Menschen für gute Arbeit auch gutes Geld verdienen müssen. Mit einer spürbaren Entgelterhöhung in der aktuellen Tarifrunde würde nicht nur mehr Binnennachfrage entstehen, sondern jeder Euro im Lohn mehr ist auch ein Mehr an Steuereinnahmen und ein Mehr an Absicherung der Sozialkassen," so Hofmann.

Hans Schweizer, Betriebsrat bei Metabo in Nürtingen, forderte Mathias Platzeck auf, neue Wege zur Erhaltung von Arbeitsplätzen zu gehen. Konkret schlug er vor, bei drohendem Arbeitsplatzabbau die Arbeitszeit zu verkürzen und den Beschäftigten dafür einen Nettolohnausgleich zu bezahlen. "Es ist besser Stunden zu entlassen, statt Menschen!"

Helmut Lense, Betriebsratsvorsitzender bei DaimlerChrysler in Untertürkheim forderte, dass Unternehmen mehr in die soziale Verantwortung genommen und ihnen insbesondere bei der Verlagerung von Arbeitsplätzen engere Schranken gesetzt werden müssen, wie dies in vielen anderen europäischen Ländern gang und gäbe ist.

Am aktuellen Beispiel der geplanten Schließung des Panasonic-Bildröhrenwerkes in Esslingen stellte Andreas Streitberger die Forderung der IG Metall dar, dass sich Konzerne wie Matsushita und Toshiba nicht mit Sozialplanabfindungen aus der Affäre ziehen dürfen, sondern sich auch finanziell bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze beteiligen müssen. "Wer abholzt, muss auch aufforsten!", so die Forderung der IG Metall.

Matthias Platzeck unterstützte diese Forderung ausdrücklich und sagte zu, sie in die politische Diskussion einzubringen, ebenso wie auch das Thema "Nettolohnausgleich bei Arbeitszeitverkürzung".

Ein Positionspapier der IG Metall Esslingen mit detailierteren Vorschlägen zu einer Arbeitsmarkreform findet sich im Anhang.

Anhänge:

Podium

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Positionspapier Arbeitsmarktreform

Positionspapier Arbeitsmarktreform

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Letzte Änderung: 21.11.2007