WSI-Tarifarchiv

Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der HBS

24.10.2014 Gender Pay Gap: Deutliche Unterschiede zwischen Berufen

Lohnspiegel-Untersuchung von 20 Berufen

Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen brutto monatlich je nach Beruf zwischen 158 und 1.148 Euro weniger als Männer. Prozentual beträgt der Abstand zwischen 6 und 28 Prozent. Das ergibt eine aktuelle Untersuchung der Gehaltsdaten von 20 Berufen auf Basis der Lohnspiegeldatenbank, die das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht. Sie deckt ein breites Spektrum von Tätigkeiten aus Industrie, Handwerk, Handel, privaten und öffentlichen Dienstleistungen ab. Die Zahlen basieren auf Daten von rund 20.000 Beschäftigten, die an der Online-Umfrage des WSI-Lohnspiegels teilgenommen haben. "Sie belegen, dass der Einkommensrückstand der Frauen in vielen Berufen nach wie vor sehr hoch ist", sagt Dr. Reinhard Bispinck, Leiter des WSI-Tarifarchivs und verantwortlich für die Online-Befragung.

  • Der absolut größte Rückstand besteht bei den Versicherungskaufleuten: Frauen verdienen monatlich ein Bruttogehalt von 3.012 Euro, Männer hingegen bekommen mit durchschnittlich 4.160 Euro im Monat 1.148 Euro mehr. Damit verdienen Versicherungskauffrauen im Schnitt 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.
  • Ein großer Abstand liegt mit 946 Euro monatlich auch bei den Chemikerinnen vor. Hier verdienen die Frauen im Schnitt 4.291 Euro, Männer hingegen 5.237 Euro. Prozentual entspricht dies einer Gehaltslücke von immerhin noch 18 Prozent.
  • Mit 653 Euro liegen auch die Filialleiterinnen deutlich hinter ihren männlichen Kollegen. Die Frauen in diesem Beruf verdienen im Schnitt 2.574 Euro im Monat, die Männer hingegen 3.227 Euro. Der Gender Pay Gap beläuft sich auf 20 Prozent.
  • Vergleichsweise gering ist der Verdienstabstand der Krankenpfleger mit 2.613 Euro zu den Krankenschwestern mit 2.426 Euro. Die Differenz von 187 Euro entspricht einem Rückstand von 7 Prozent.
  • Auch bei den Fachinformatikerinnen mit durchschnittlich 2.719 Euro Bruttomonatsgehalt ist der Abstand gegenüber den männlichen Kollegen mit 2.901 Euro verhältnismäßig gering. Die 183 Euro entsprechen 6 Prozent.

"Der Tag der betrieblichen Entgeltgleichheit sollte Anlass sein, den Ursachen des Einkommensrückstandes in jedem einzelnen Unternehmen auf den Grund zu gehen", sagt WSI-Experte Reinhard Bispinck. Untersuchungen zeigen, dass die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern ihre Ursache auch im Betrieb hat. "Die Überprüfung der Gehaltssysteme und der konkreten Eingruppierung kann helfen, Schwachpunkte ausfindig zu machen und Benachteiligungen von Frauen zu verringern." Das WSI hat in einem Projekt für das Bundesministerium für Familie und Senioren, Frauen und Jugend einen Leitfaden* entwickelt, der zu diesem Zweck genutzt werden kann.

Am Tag der betrieblichen Entgeltgleichheit machen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Betriebs- und Personalräte auf die Verantwortung aufmerksam, die Betriebe und Verwaltungen für eine diskriminierungsfreie Bezahlung von Frauen und Männern tragen. 2014 fällt der Tag auf den 10. Oktober.

Das Projekt "LohnSpiegel" erhebt und analysiert die Einkommens- und Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in Deutschland. Es ist Bestandteil des internationalen Wage-Indicator-Netzwerks, an dem Projekte aus rund 70 Ländern mit gleicher Zielrichtung beteiligt sind. Die LohnSpiegel-Daten werden im Rahmen einer kontinuierlichen Online-Erhebung ermittelt, an der sich die Besucherinnen und Besucher der Webseite "www.lohnspiegel.de" freiwillig und anonym beteiligen können. Die Befragung ist nicht repräsentativ, liefert durch die hohe Fallzahl aber verlässliche Orientierungsdaten. Zurzeit bietet der LohnSpiegel einen Gehalts-Check für über 370 Berufe.

Weitere Informationen:

C. Klenner, S. Lillemeier: Der Entgeltgleichheit einen Schritt näher - Die EVA-Liste zur Evaluierung von Arbeitsbewertungsverfahren und Beispielanalysen, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie und Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Letzte Änderung: 14.10.2014