Werkbänke für Luxor

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13.03.2014 Gewerkschafter demontieren ausrangierte Geräte für Elektrikerausbildung in Ägypten

"Runter, runter!" "Hascht?" "Ja. Häb!" In der Halle des früheren Stribel-Betriebes in Frickenhausen fliegen die Anweisungen hin und her. Ein halbes Dutzend Männer montieren Elektrotische und Werkbänke auseinander. Die Gerätschaften sollen in eine Berufschule nach Luxor in Ägypten, damit dort Elektriker ausgebildet werden. "Wir haben die Tische voriges Wochenende bei der Betriebsauflösung von Flextronics günstig kaufen können", erzählt Max Czipf, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Esslingen.

Czipf gehört zum gewerkschaftsnahen Verein GRUSSI, der das Ausbildungsprojekt trägt. Aus der Erkenntnis heraus, dass nur mit einer guten Ausbildung Jugend und damit die Gesellschaft eine Zukunftschance hat, hatte der verstorbene IG Metall-Bevollmächtigte Sieghard Bender den Plan entwickelt, an der Industrial School in Thot bei Luxor die dortige vorwiegend theoretische Ausbildung um eine praktische Qualifizierung im Sanitär- und Elektrik-Bereich zu erweitern. Verträge mit dem Gouvernat Luxor wurden unterzeichnet, Ausbilder der ägyptischen Berufsschule waren im vergangenen Jahr für einen Monat im Landkreis, haben bei Index, Metabo, Belden, Bosch und an der Max-Eyth-Schule in Kirchheim die duale Ausbildung kennen gelernt.

"Nun soll im kommenden Herbst die Elektriker-Ausbildung in Thot starten", sagt GRUSSI-Vorsitzende Gesa von Leesen. "Zunächst 20 Jugendliche sollen nach ihrer regulären Ausbildung in unserer Werkstatt eine zweijährige Zusatzqualifikation absolvieren, in der sie vor allem Praxis lernen."

In der Halle schrauben derweil Matthias Appl und Willi Reichert einen Elektro-Ausbildungstisch mit Trafoeinheit auseinander. Die beiden sind mit ihren Kollegen Rudi Müllerschön und Thomas Auwärter gekommen, um zu helfen. Alle vier waren bis Ende 2013 bei Norgren in Großbettlingen beschäftigt, hatten dort neun Wochen lang gegen die Betriebsschließung gestreikt und einen Sozialplan erkämpft. "Jetzt sind wir in einer Beschäftigungsgesellschaft und suchen einen neuen Arbeitsplatz", sagt Appl und kriecht wieder unter den Tisch, um eine Elektroleiste abzuschrauben.

Der Verein hat zwei Werkbänke mit drei Schraubstöcken, zwei Elektro-Ausbildungstische mit Trafoeinheit und fünf Arbeitstische mit Elektro-Anschlussfeld gekauft. Kosten: 3000 Euro. "Ein guter Preis", sind Michael Reiff und Martin Purschke, beide IG Metaller, einig. Sie müssen es wissen: Der Index-Betriebsrat Reiff ist Elektriker, der IG Metall-Sekretär Purschke hat jahrelang bei Stribel gearbeitet. "Ich kenne die Teile", sagt er grinsend. "Bezahlen konnten wir das aus Spenden", so Czipf. Und wie kommen die Tische nach Luxor? "Metabo hat zugesagt, uns bei der Verschickung zu unterstützen."

Damit klar ist, wo genau die alten-neuen Ausbildungstische ausgestellt werden können, reisen vier Vereinsmitglieder - "Selbstverständlich privat bezahlt", so von Leesen - kurz vor Ostern nach Luxor. Czipf: "Über die Entfernung ist die Verständigung mit den ägyptischen Kollegen schwierig. Also fahren wir hin, besprechen mit den Ausbildern die Ausbildungspläne, vermessen den Raum für die Lehrwerkstatt, nehmen Kontakt zum neuen Gouverneur auf." Kabel und sonstiges Verbrauchsmaterial habe man übrigens beim Ausverkauf von Flextronics/Stribel nicht erstanden. "Das wird in Ägypten gekauft", so Czipf. "Schließlich soll ja die Wirtschaft in der Region unterstützt werden."



Presseinformation

Copyright Fotos: Gesa von Leesen

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Artikel Esslinger Zeitung / 11. März 2014

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Letzte Änderung: 16.04.2018