PM Ortsgruppe Kirchheim zu Ägypten

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14.02.2011 Die IG-Metall Ortsgruppe Kirchheim diskutiert zu Ägypten "Fragwürdige Rolle von Politik und Medien"

Auch nach dem Rücktritt Mubaraks wird die Entwicklung in Ägypten, ja der ganzen Region, die Politik noch eine Weile in Atem halten, so die Einschätzung der anwesenden Betriebsräte. Das Nichtstun bzw. starke Zurückhaltung deutscher, europäischer und amerikanischer Politik allerdings müsse aufhören. Die Medien wurden aufgefordert detaillierter zu berichten und die Hintergründe besser aufzuarbeiten.

So sei in den Medien absolut untergegangen, dass die größte Oase bestreikt wurde und auf die Bevölkerung geschossen wurde. Auch dass der, zwar kleine, Industriegürtel um Kairo bestreikt wurde, wurde nicht berichtet. Am 30. Januar hat sich ein unabhängiger Gewerkschaftsbund Ägypten gegründet - nichts davon in der ARD/ZDF. Wenn in England eine Prinzhochzeit ansteht, sind wochenlang mehrere Filmteams im Einsatz.
Insgesamt sei ganz Ägypten in Aufruhr, überwiegend getragen von jungen Menschen, deren Anteil den weitaus größten Teil der Bevölkerung darstelle. Die alte Garde um Mubarak habe wohl die Möglichkeiten moderner Medien unterschätzt. Gerade die Jugend lasse sich durch Informationssperren nicht einschränken und wisse die Möglichkeiten von Internet und Facebook geschickt zu nutzen.
Umso trauriger stimme deshalb die Haltung der Internationalen Politik. Bei uns rede man von Demokratie und der Achtung von Volkes Wille. In Ägypten plädiere man für einen geordneten Übergang. "Welch eine Doppelmoral?", so ein Teilnehmer der Runde.
Auch bei der friedlichen Revolution, 89 in der DDR, plädierte die damalige SED-Spitze um Modrow für einen geordneten Übergang. Es dürfe zumindest spekuliert werden, ob Frau Merkel heute Kanzlerin wäre, wenn dies eingetroffen wäre.
Jenseits unserer Interessen, die im Wesentlichen eh touristischer Natur seien, müsse die Meinung des Volkes geachtet werden. Hierbei sei die Verunglimpfung der Bewegung mit der Bedienung antiislamistischer Vorurteile nicht angebracht.
Die Entwicklung zeige, dass auch gläubige Muslime für Menschenrechte und für eine demokratische Gesellschaft eintreten.
In jedem Falle aber habe die Regierung nicht zu den Menschen gestanden, die zu hunderttausenden auf die Straße gegangen sind. Nur die Schweiz hat angekündigt, die Konten der Korruptionsclique der Mubaraks zu sperren. Frau Mubarak ist weiterhin Ehrenbürger der Universität Stuttgart. Dies, obwohl von Beginn an klar war, dass sich das Regime Mubarak überholt habe.
Wenn eine Gesellschaft ihrer Jugend kaum Perspektiven bietet, sich Einzelne auf Kosten des Volkes maßlos bereichern, ist Widerstand angesagt. Dies gilt überall.

Letzte Änderung: 14.02.2011