Recaro: Herbe Kritik an Geschäftsleitung
Bei Recaro in Kirchheim/Teck, Hersteller von Auto- und Kindersitzen, hat die Geschäftsleitung angekündigt, dass 150 der derzeit 380 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Sie begründet dies mit dem allgemeinen
Auftragsrückgang in der Automobilindustrie in Folge der Finanzmarktkrise.
"Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich sind die Ursachen bei Recaro zum Großteil hausgemacht," sagt Jürgen Groß-Bounin von der IG Metall Esslingen. "Mit dem Verweis auf die aktuelle Krise lenkt die
Geschäftsleitung von ihren eigenen Fehlern ab," so Groß-Bounin weiter.
Vor drei Jahren ist Recaro aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, hat Einzelarbeitsverträge mit dem ausdrücklichen Verzicht auf alle tariflichen Rechte gemacht, die Arbeitszeit um fünf unbezahlte Stunden erhöht und die tariflichen Lohnerhöhungen nur teilweise bezahlt. Alles mit der Begründung, dies sei notwendig, um neue Aufträge zu bekommen. Tatsächlich hat das Management aber so gut wie keine neuen Aufträge ins Haus geholt. Viele Mitarbeiter haben der Geschäftsleitung geglaubt und den Verzicht mitgemacht. Zum Dank sollen jetzt 150 ihren Arbeitsplatz verlieren.
Entsprechend groß ist jetzt die Enttäuschung vieler Beschäftigter. Auf der Betriebs-versammlung am Donnerstag dieser Woche wurde heftige Kritik an der Geschäftslei-tung geübt und ihr Versagen vorgeworfen. Statt
neue Aufträge zu gewinnen, wurden alte Kunden verloren. "Der Name Recaro hat in den letzten Jahren viel von seinem guten Ruf eingebüßt. War er früher das Synonym für Sportsitze im Auto, so fallen heute vielen nur
noch die Trainersitze in Fußballstadien ein. Ziele und Werte, wie die Attraktivität als Arbeitgeber, Dialog und Partnerschaft, die der Eigentümer der Keiper/Recaro-Gruppe Martin Putsch formuliert hat, spielen in Kirchheim
keine Rolle",
kritisiert Groß-Bounin die Recaro-Geschäftsleitung.
Der jetzt geplante Abbau von 150 Arbeitsplätzen wurde auf der Betriebsversammlung als der Anfang vom Ende bezeichnet. Besonders kritisch bewertet wurde die geplante Verlagerung des kompletten Nachrüstgeschäftes ("After Market") nach Marktleugast nahe der tschechischen Grenze, wo Recaro seine Kindersitze baut. Dort ist das Lohnniveau deutlich niedriger als in Kirchheim. Damit würde jedoch viel Know How verloren gehen, so dass auch dieser heute noch profitable Bereich auf's Spiel gesetzt wird. Die IG Metall kündigte an, dass sie für den Erhalt der 150 Arbeitsplätze in Kirchheim kämpfen wird.
Bezeichnend für die Haltung der Recaro-Geschäftsleitung ist, dass sie es nicht einmal in der jetzigen Situation für nötig hielt, sich auf der Betriebsversammlung den Fragen der Beschäftigten zu stellen. Sie glänzte komplett durch Abwesenheit.
Letzte Änderung: 12.12.2008